Ich habe mich am Wochenende dem realen Leben gewidmet. Job mal beiseite. Habe mich mit lieben Menschen getroffen, gute Gespräche bei Wein und Musik genossen und auch wieder etwas gelesen.
In der aktuellen „Psychologie Heute“ gibt es u.a. einen sehr interessanter Beitrag über Manipulation und Beeinflussung.
Zunächst einmal wird beschrieben, dass wir uns tagtäglich durch Andere in unseren Entscheidungen beeinflussen lassen. Das ist ganz normal. Wir nehmen Meinungen auf und lassen uns mehr oder weniger davon beeinflussen. Entscheiden aber immer selbst, was wir annehmen wollen oder nicht. Schwierig wird es, wenn wir uns von Anderen manipulieren lassen. Manipulation ist dabei eine bewusste Handlung des Gegenübers. Das geht dann soweit, dass wir vom Anderen fremdgesteuert werden, wir tun, was wir eigentlich gar nicht wollen. Andere ausnutzen oder vom Manipulierer abhängig machen sind destruktive Verhaltensmuster. Jeder kennt die Situation in der Arbeitswelt in dem Kollegen lästige oder unangenehme Pflichten auf jemanden abschieben wollen. Sätze wie: „Du kannst das doch viel besser als ich“ oder „Du hast doch viel mehr Erfahrung“ sind die Versuche, die meist funktionieren. Manipulation, wenn sie ab und zu vorkommt, in Ordnung, wenn sie dazu nutzt, anderen eigene Pflichten aufzuerlegen, destruktiv und gefährlich, weil oft auch die Gutmütigkeit ausgenutzt wird. Man sitzt bis spätabends an der Aufgabe des Anderen, der sich entspannt in den Feierabend verabschiedet.
In der Partnerschaft geht das soweit, dass man dem Anderen ein schlechtes Gewissen machen möchte. „Wenn Du jetzt weg gehst, sitze ich hier den ganzen Abend alleine rum, ruf mich wenigstens mal an…“, „Wenn Du da jetzt hingehst, denk an mich, wenn Du mit anderen Mädels sprichst“ oder „Wärst Du nicht lieber mit mir zusammen?“
Die Grenze zwischen harmloser Beeinflussung und Manipulation ist fließend. Um es überhaupt selbst zu beurteilen, ist es wichtig, sich mit seinen Emotionen in solchen Situationen zu beschäftigen, erklärt die Berliner Psychologin Alexandra Bielecke. Solange esd sich alles richtig anfühlt, ist alles in Ordnung. Wenn es sich als Störgefühl und übertrieben, falsch anfühlt, sollte man sich wehren, um nicht in diesen Strudel der ständigen Ausnutzung zu geraten. Gemischte Gefühle sollte man ernst nehmen, so die Psychologin. Der Manipulierer lernt schnell, mit wem es funktioniert und wird es ausnutzen. Oft bedient sich der Manipulierer auch Beziehungsbotschaften. Übermässiges Schmeicheln wie „wenn jemand das kann, dann nur Sie“ oder wenn ein Freund immer wieder betont, dass er Sie braucht, fühlt man sich verpflichtet künftig noch zuverlässiger für ihn da zu sein. Flehen, den seelischen Ausnahmezustand auszusprechen sind übertriebene emotionale Beziehungsbotschaften, bei denen man spätestens hellhörig werden sollte, weil es oft darum geht, dass der Manipulierende damit eigene Probleme und Verpflichtungen auf den Anderen abwälzen will.
Bielecke beschreibt auch, wie man in einem zweiten Schritt vorgehen sollte. Vorzupreschen und den Manipulierter zur Rede zu stellen ist nicht unbedingt ihre Empfehlung. Vielmehr rät sie dazu, die Situation tiefergehend zu verstehen. Die gesamte Situation sollte versucht werden zu verstehen. Diese Beziehungsdynamik wie ein Beobachter von außen verstehen. Es gehören immer zwei dazu, einer der manipuliert und der Andere, der sich manipulieren lässt. Man muss ergründen, weshalb man sich beeinflussen lassen hat. Welche Verlockungen haben dazu geführt? Das Gefühl, wichtig zu sein, unentbehrlich oder sogar überlegen zu sein? Wer sich in der Partnerschaft subtil delegieren lässt oder ganz offen rumkommandiert wird, gibt Verantwortung ab. Der Psychologe Rainer Sachse beschreibt in seinem Buch „Manipulation und Selbsttäuschung“ beschreibt drei grundsätzliche Methoden wie man mit manipulativem Verhalten umgehen kann.
- Den Manipulierer offen zur Rede stellen und seine Tricks aufdecken.
- Gegenmassnahmen ergreifen und die Interaktion in eine andere Richtung lenken
- Beziehungsabbruch
Oftmals hilft es also den Versuch mit einer geschickten Umkehrung wie z.B. „Das kannst Du genau so gut, vielleicht sogar besser, der Unterschied ist nur, dass Du es dann selber machen musst!“ oder „Spiel mal nicht das Opfer, Du kannst das selbst…“
Dabei kommt es immer darauf an, wie weit man gehen kann. Dem Vorgesetzten gegenüber ist natürlich etwas mehr Zurückhaltung anzuraten, aber es geht ja auch subtiler. Dem Bekannten, Freund oder Partner hingegen sollte man das sagen dürfen.
Personen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung gelten als hochmanipulativ. Ich habe in meinem Beitrag „Menschentypen“ bereits über Soziopathen und Narzissten geschrieben.
Die französische Psychotherapeutin Isabelle Nazare-Aga hat in ihrem Buch „Dies ist mein Leben – Befreien Sie sich vom Einfluss manipulativer Eltern“ 30 Merkmale manipulativer Menschen zusammengestellt. Ein paar signifikante:
- die Person gibt oft anderen die Schuld
- sie bringt Ihre Forderungen und Bedürfnisse nicht klar zum Ausdruck
- sie benutzt oft Boten, also Dritte dazu wichtige Dinge zu überbringen oder benutzt lieber Textnachrichten / Emails
- die Person stellt sich als Opfer dar, um bemitleidet zu werden
- sie ist egozentrisch
- die Person verträgt keine Kritik und leugnet offenkundige Tatsachen
- sie erreicht oft Ziele auf Kosten anderer
- sie schmeichelt anderen um Ihr Wohlwollen zu gewinnen
- die Person spricht verdeckte Drohungen aus oder erpresst andere Menschen offen
- Menschen, die diese Person kennen, sprechen über sie, auch und vor allem, wenn sie nicht anwesend ist
Quelle: Psychologie Heute, Ausgabe November 2018
Bestimmt kennt Ihr, so wie ich, auch solche Menschen, die bewusst und destruktiv mit Manipulation umgehen. Was sind Eure Erfahrungen?
Ich lese mich weiter in diese interessante Materie ein und werde Euch demnächst von Tipps berichten, wie Ihr Manipulation entgehen könnt und wie die Interaktionsmuster der Manipulierer aussehen.
Einen schönen Abend Euch, lasst Euch nicht manipulieren 😉